14.12.2022
Basiswissen

Lesen in und mit digitalen Medien

Was versteht man unter dem Lesen in und mit digitalen Medien? Wie unterscheidet sich das Lesen im digitalen Setting vom analogen? Und wie können Lehrende die digitalen Lesekompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler fördern? Darüber klärt dieses Basiswissen auf.

Definition

Unter Lesen in und mit digitalen Medien wird das Lesen im digitalen Raum, also am Bildschirm unterschiedlicher digitaler Geräte (z. B. Laptop, Tablet, Smartphone, e-Reader) bezeichnet. Das Lesen in und mit digitalen Medien bringt in Abgrenzung zum Lesen auf Papier andere Anforderungen mit, bietet aber auch neue Möglichkeiten.

Lesen im analogen und digitalen Setting

Um sowohl digitale als auch analoge Texte verstehen zu können, benötigen Leserinnen und Leser basale Fertigkeiten. Sie müssen Wörter flüssig lesen können, sowie den Sinngehalt des Textes entnehmen können (Rosebrock, 2012). Digitale Texte unterscheiden sich jedoch häufig von Texten auf Papier, wodurch für das Lesen in digitalen Medien zusätzliche digitalisierungsbezogene Kompetenzen erforderlich sind.

Formen digitaler Texte wie Blogs, Wikis, oder Foren führen zu einer neuen Textsortenspezifik, die sich vom Lesen einer PDF-Datei am Bildschirm unterscheiden. Diese neuen Formate bringen neue Herausforderungen für Lesende mit sich, da sie oft interaktiv gestaltet sind, sodass Leserinnen und Leser den Text beispielswiese aktiv mitgestalten, kommentieren, bewerten oder sich vorlesen lassen können. Informationen in digitalen Texten sind häufig durch Hyperlinks miteinander vernetzt (siehe u. a. Krommer & Frederking, 2019). In diesem Fall können die Lesenden, anders als im analogen Setting, unmittelbar durch einen Klick auf weitere Inhalte zugreifen und sich dadurch stetig mit neuen Themenfeldern befassen. Dabei ist es besonders wichtig zu selektieren und bewusst auszuwählen, welche zusätzlichen Texte interessant und relevant sein könnten. In analogen Texten sind bekannterweise neben Text auch andere Elemente wie z. B. Bilder, Tabellen oder Grafiken zu finden. Digitale Texte hingegen beinhalten eine Vielzahl weiterer Zeichen und Elemente wie z. B. Icons, Emojis, GIFs, Videos oder Tonaufnahmen, die die Leserinnen und Leser kennen und interpretieren müssen (Philipp, 2020). Sie müssen also unterschiedliche Informationen mit mehreren Sinneskanälen aufnehmen, verarbeiten und miteinander verknüpfen. Um eine kompetente Leserin oder ein kompetenter Leser im digitalen Raum zu werden, müssen die entsprechenden Fähigkeiten explizit erlernt und geübt werden.

Digitale Lesekompetenz im Unterricht fördern

Lesen in und mit digitalen Medien stellt ein zentrales Lernziel dar, um digitalisierungsbezogene Sprachkompetenzen zu erreichen und ist Aufgabe der sprachlichen Bildung. Es ist wichtig, den Lernenden zu vermitteln, wie sie im digitalen Raum, vor allem im Internet, mit Texten umgehen sollen. Hierzu zählen neben der technischen Handhabung des digitalen Gerätes (z. B. Tablet, Laptop, Smartphone) auch das Verständnis für die unterschiedlichen Zeichen und Elemente sowie für die angebotenen medialen Formate und ihre Verknüpfung miteinander. Daher ist es für einen kompetenten Umgang mit digitalen Texten notwendig, dass Lehrende Lesestrategien auch für digitale Texte im Unterricht vermitteln und trainieren.

Digitale Medien dienen auch als Lernmedium, um den Lese(lern)prozess zu unterstützen, und zwar sowohl für Leseanfängerinnen und -anfänger als auch für Fortgeschrittene und Lernende mit Leseschwierigkeiten. Durch Graphic Organizer oder ähnliche strukturierende Hilfen, die Lernende mit digitalen Tools wie etwa Excalidraw erstellen können, können Inhalte verschiedener Texte unter Berücksichtigung vorgegebener Aspekte (Titel, Quelle, Hauptargumente usw.) nebeneinandergestellt werden. Übersichtsgrafiken, die die Lernenden eigenständig erstellen, können dabei unterstützen Textinhalte zu verstehen (Philipp, 2018). Lehrkräfte können zudem gemeinsam mit den Lernenden erarbeiten, wie Texte hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes und ihrer Aussagekraft bewertet werden können und welche Quellen sich zu bestimmten Zwecken eignen und woran dies erkennbar wird (s. dazu Handreichung Informationen recherchieren und bewerten). Apps wie Meister Cody, eKidz, LÜK, oder Antolin unterstützen jüngere Lesende gezielt beim Lesen lernen. Sie helfen beispielsweise dabei Laute, Buchstaben und Silben zu erkennen oder den Leseprozess auditiv sowie visuell zu unterstützen oder fragen das Leseverständnis ab. Der Einsatz solcher Apps und Programme kann auch dazu beitragen die Lesemotivation zu steigern.

Das Basiswissen Lesen in und mit digitalen Medien als Download.

Autorinnen:

Viktoria Michels & Dr. Seda Yilmaz Wörfel

Diese Publikation darf, unter Einhaltung der gängigen Zitierregeln und mit Angabe der Quelle, gern weiterverwendet werden: Michels, Viktoria & Yilmaz Wörfel, Seda (2022): Lesen in und mit digitalen Medien. Köln: Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache (Basiswissen sprachliche Bildung).

Literatur

Krommer, Axel & Frederking, Volker (2019). Digitale Textkompetenz. Ein theoretisches wie empirisches Forschungsdesiderat im deutschdidaktischen Fokus. Verfügbar unter: www.deutschdidaktik.phil.fau.de/files/2020/05/frederking-krommer-2019-digitale-textkompetenzpdf.pdf (abgerufen am 3.8.2022).

Philipp, Maik (2018). Lesekompetenz bei multiplen Texten: Grundlagen, Prozesse, Didaktik. Tübingen: A. Francke Verlag.

Philipp, Maik (2020). Reading into the Future?! Merkmale effektiver Lesefördermaßnahmen mit multiplen Dokumenten mit und ohne Einsatz digitaler Technologie. Ergebnisse eines quantitativen Reviews //Reading into the Future?! Features of Effective Reading Instruction with Multiple Documents with and without the Use of Digital Technology. Results of a Quantitative Review. In Kaspar, Kai; Becker-Mrotzek, Michael; Hofhues, Sandra; König, Johannes & Schmeinck, Daniela (Hrsg.) (2020). Bildung, Schule, Digitalisierung. Münster New York: Waxmann. (S. 83–89).

Rosebrock, Cornelia (2012). Was ist Lesekompetenz, und wie kann sie gefördert werden? leseforum.ch.3/2012. Verfügbar unter: https://www.leseforum.ch/myUploadData/files/2012_3_Rosebrock.pdf (abgerufen am 23.9.2020).>