02.08.2019
Bericht

Was ist eine gute Fortbildung?

An Fortbildungen für Lehrkräfte und pädagogische Fachkräfte werden verschiedene Anforderungen gestellt. Sie sollen wissenschaftlich fundiert sein, sich an den individuellen Bedarfen der Praktikerinnen und Praktiker orientieren und einen Transfer des Gelernten in die eigene berufliche Praxis ermöglichen – also Wirkung zeigen. Auch Einstellungen oder Haltungen, beispielsweise zum Umgang mit mehrsprachigen Kindern und Jugendlichen, sollen durch Fortbildungen verändert werden.

Doch was genau macht eine qualitativ hochwertige, „gute“ Fortbildung aus? Im Fachgespräch haben vier Expertinnen und Experten für Fortbildung zu dieser Frage Stellung genommen – aus Sicht der Wissenschaft, der Bildungsverwaltung und der Praxis.

Perspektive der Wissenschaft (Prof. Dr. Dirk Richter, Universität Potsdam): Es gibt Hinweise darauf, wie „gute“ Fortbildungen gestaltet werden können, wir wissen jedoch nicht, ob diese Hinweise im Rahmen staatlicher Angebote berücksichtigt werden.

Betrachtet man die Befragungsdaten aus einem Modellprojekt im Saarland (mehrjährige Schulleitungs-Fortbildung mit 94 Teilnehmenden), zeichnet sich ein positives Bild: Die Teilnehmenden, die sich während der Dauer der Fortbildung kontinuierlich in Tandems austauschten, empfanden die Fortbildung als effektiv. So wurden die Arbeit im Tandem, die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen, Diskussionen im Plenum, fachliche Inputs und vor allem die Langfristigkeit des Angebots als besonders wertvoll angesehen.

Auch aus der Fortbildungsforschung insgesamt gibt es Hinweise auf Merkmale guter Fortbildungen. Dazu zählen beispielsweise die fachliche Relevanz des Angebots, seine Nachhaltigkeit, die Anknüpfung an aktuelle Schulentwicklungsaufgaben und die Möglichkeiten zu Reflexion, kollegialem Feedback und praktischer Anwendung des Gelernten. Im Idealfall erreicht ein gutes Fortbildungsangebot das Gefühl einer hohen Zufriedenheit bei den teilnehmenden Lehrkräften, sodass es im Anschluss zu einer Kompetenzsteigerung der Lehrkräfte führt und auch Eingang in ihr berufliches Handeln findet. So kann sich die Wirkung schließlich am Schulerfolg der Schülerinnen und Schüler zeigen.

Zu Fortbildungen „in der Fläche“ liegen allerdings wenige Daten vor. Zwar gibt es Daten zur Organisationsform, zur Dauer und zum Teilnahmeverhalten von Lehrkräften, nicht jedoch zur inhaltlichen und fachlichen Ausgestaltung der Veranstaltungen, zur Expertise der Dozenten oder zu den Bewertungen der Veranstaltungen. Es fehlt der wissenschaftlichen Community also an Forschung, die die Qualität von Fortbildungen in der Fläche in den Blick nimmt.

Perspektive der Bildungsverwaltung (Marika Schwaiger, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg): Das Ziel von Fortbildungen im Bereich sprachlicher Bildung sollte die koordinierte Unterrichtsentwicklung an einer Schule sein. Hierfür sollte auf Kooperation in Tandems und/oder interdisziplinären Teams (Schulen und Landesinstitut) gesetzt werden.

Traditionelle Lehrerfortbildungen im Bereich DaZ/Sprachförderung in Hamburg umfassen Einzelveranstaltungen à 3 Stunden, aber auch mehrteilige Fortbildungsreihen. Umfangreichere, länger dauernde Qualifizierungen wie z. B. die Ausbildung zur Sprachlernberaterin oder zum Sprachlernberater stellen Ausnahmen dar. Stark nachgefragt werden seitens der Schulen zunehmend individuelle, schulinterne Fortbildungsveranstaltungen (Abrufangebote) für Teil- oder Gesamtkollegien.

Mit dem Projekt DaZ im Fachunterricht erprobt das Landesinstitut neue Wege in der Lehrerfortbildung. Leitend ist der Gedanke einer nachhaltigen Schul- und Unterrichtsentwicklung statt Einzelveranstaltungen als Selbstzweck. Als grundsätzliche Prinzipien im Projekt setzt das Landesinstitut auf Kooperation von DaZ-Lehrkräften, Fachlehrkräften, Fortbildnerinnen und Sprachlernberaterinnen. Durch Multiplikation soll das gesamte Fachkollegium einer Schule erreicht werden.

Perspektive der Praxis (Michaela Mörs, Mercator-Institut, und Dorothea Moll, Staatliches Schulamt Ludwigsburg): Das aus Online- und Präsenzphasen bestehende Fortbildungsformat Blended Learning bietet Möglichkeiten zur langfristig angelegten Reflexion und Vertiefung von Fortbildungsinhalten zur sprachlichen Bildung.

Das BiSS-Trägerkonsortium bietet fünf Fortbildungskurse zu sprachlicher Bildung auf einer Online-Fortbildungsplattform an. Die Kurse werden nach dem Blended-Learning-Format angeboten: Präsenzen und Online-Phasen werden flexibel kombiniert, je nach Kontext, Zielgruppe und/oder weiteren individuellen Ausgangsbedingungen einer Fortbildung. Um das Angebot weiteren, bisher nicht an BiSS beteiligten Fach- und Lehrkräften zugänglich zu machen, werden zurzeit Multiplikatorinnen und Multiplikatoren qualifiziert, die später selbst als Fortbildnerinnen und Fortbildner bzw. Tutorierende BiSS-Blended-Learning-Kurse oder -Bausteine anbieten können. Wie ein solcher Transfer aussehen kann, zeigt das Beispiel von Dorothea Moll vom Staatlichen Schulamt Ludwigsburg.