
Sprachliche Bildung im bildungsökonomischen Kontext. Bericht und Materialien zum Praxisworkshop
Der Einfluss von Sprachkompetenz auf den Bildungserfolg – und somit auch auf Bildungsgerechtigkeit – ist in verschiedenen Disziplinen Forschungsgegenstand, in den Bildungs- und Sprachwissenschaften ebenso wie in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Zudem intensivieren aktuelle Entwicklungen wie die Pandemie, die zunehmende Digitalisierung und die Integration zugewanderter Schülerinnen und Schüler die öffentliche Debatte über die Bedeutung der sprachlichen Kompetenzen auf Bildungserfolg und -gerechtigkeit. Das Mercator-Institut ist – und war es von Anfang an – dem Transfer seiner Forschungsergebnisse auch über die Scientific Community hinaus verpflichtet, um über die Verbesserung sprachlicher Kompetenzen explizit einen Beitrag zum Abbau sozialer Ungleichheiten zu leisten.
Wie lassen sich vor diesem Hintergrund Forschung und Lehre zu sprachlicher Bildung in den Kontext der Bildungsökonomie einbetten? Welche Rolle spielen sprachliche Aneignungsprozesse für Bildungserfolg sowie Bildungsrenditen? Welche Desiderata sind augenscheinlich, welche interdisziplinären Konstellationen bieten sich an und welche sind wünschenswert zu intensivieren? Welche Steuerungsimpulse gibt es und welche sollte es geben, um einer sich gegebenenfalls weiter verschärfenden sozialen Ungleichheit zu begegnen?
Diese und weitere Fragestellungen standen im Zentrum des Praxis-Workshops Sprachliche Bildung im bildungsökonomischen Kontext im Rahmen der neunten Jahrestagung des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache. Die Referentinnen Prof. Dr. Marita Jacob vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) der Universität zu Köln, Dr. Jacqueline Kroh vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LlfBi) und Isabell Zieger, kaufmännische Geschäftsführerin des Mercator-Instituts, reflektierten gemeinsam mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Praxis-Workshops den Zusammenhang zwischen Sprachkompetenz und – auch ökonomischem – Bildungserfolg, um neue gemeinsame Ansätze zu finden.
Zu Beginn führte Isabell Zieger in die Thematik ein, indem sie das Thema Bildungsökonomie in den strategischen Kontext des Mercator-Instituts setzte und einige Grundbegriffe reflektierte. Dabei spiegelte sie sprachliche Bildung und Bildungserfolg auf aktuelle Herausforderungen wie etwa die Covid-Pandemie, Digitalisierung, Integration, Diversity und Klimawandel.
Im Anschluss referierte Dr. Jacqueline Kroh in einem ersten Impulsvortrag zur Bedeutung von sprachlichen Kompetenzen für individuelle Renditen von Bildung, so zum Beispiel monetäre Renditen, Arbeitsmarkterfolg, politische Partizipation und Gesundheit.
In einem weiteren Impulsvortrag knüpfte Prof. Dr. Marita Jacob an die Bedeutung von Spracherwerb und Sprachkompetenz bei Migrantinnen und Migranten an. Am Ende ihres Vortrages schlussfolgerte sie, dass formale Bildungsabschlüsse einen erheblichen Teil der migrationsspezifischen Nachteile auf dem Arbeitsmarkt erklären und gute deutsche Sprachkompetenzen mit sichtbar höheren Arbeitsmarktrenditen einhergehen – vor allem für Migrantinnen und Migranten. Arbeitsmarktrenditen von Sprachkompetenzen gehen auf berufliche Anforderungen zurück sowie auf soziale Netzwerke, aber auch teilweise auf Diskriminierungsprozesse. Zu der Frage, welche Bedeutung nicht-deutsche Sprachkompetenzen für Arbeitsmarktrenditen von Migrantinnen und Migranten sowie Nicht-Migrantinnen und Nicht-Migranten haben, erklärte sie, dass englische Sprachkompetenzen im deutschen Arbeitsmarkt vorteilhaft sind – insbesondere für Migrantinnen und Migranten. Allerdings stellte sie auch fest, dass weitere Sprachkenntnisse oder (vermeintliche) interkulturelle Kompetenzen kein Alleinstellungsmerkmal von Migrantinnen und Migranten sind.
Am Nachmittag hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Workshops schließlich die Gelegenheit, sich in zwei Arbeitsgruppen mit Fragen sprachlicher Bildung im Zusammenhang mit bildungsökonomischen Aspekten unter der Leitung von Prof. Dr. Marita Jacob und Dr. Jacqueline Kroh sowie Dr. Christoph Gantefort, Leiter der Abteilung Sprache und Profession des Mercator-Instituts, auseinanderzusetzen.
Autorin und Autor:
Dr. Christoph Gantefort leitet die Abteilung Sprache und Profession des Mercator-Instituts.
Isabell Zieger ist kaufmännische Geschäftsführerin des Mercator-Instituts.
Zum Weiterlesen
Lettau, J. (2021). The Impact of Children’s Academic Competencies and School Grades on their Life Satisfaction: What Really Matters? Child Indicators Research, 14(6), 2171–2195.
Jacob, M., Iannelli, C., Smyth, E. & Duta, A. (2020). Secondary School Subjects and Gendered STEM Enrollment in Higher Education in Germany, Ireland and Scotland. International Journal of Comparative Sociology.
Jacob, M., Klein M. & Iannelli, C. (2015). The Impact of Social Origin on Graduates’ Early Occupational Destinations – An Anglo-German Comparison. European Sociological Review 31(2), 460-476.
Garrouste, C. (2008). Language Skills and Economic Returns. Policy Futures in Education, 6(2), 187–202.
Bloemen, H. (2014). Language proficiency of migrants: The relaAon with job saAsfacAon and skill matching. Tinbergen InsAtute Discussion Paper 14-148/V