19.09.2022
Bericht

Sprachliche Bildung gemeinsam umsetzen – Beispiele erfolgreicher Vernetzung innerhalb der Kölner Bildungslandschaft. Bericht und Materialien zum Fachgespräch

Zur Planung, Implementierung und langfristigen Umsetzung sprachlicher Bildungsangebote ist es notwendig, dass verschiedene (lokale) Bildungsinstitutionen zusammenwirken. In dem Fachgespräch "Sprachliche Bildung gemeinsam umsetzen – Beispiele erfolgreicher Vernetzung innerhalb der Kölner Bildungslandschaft" auf der neunten Jahrestagung des Mercator-Instituts diskutierten die Referentinnen und Referenten, welche Planungs- und Handlungs-schritte bei dem Aufbau von langfristigen Kooperationen und Vernetzungsstrukturen hilfreich sind. Darüber hinaus stellten sie vor, wie eine kontinuierliche Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Bildungsakteurinnen und -akteuren gestaltet werden kann.

Im Fachgespräch erhielten die Teilnehmenden zunächst durch die Präsentation und Diskussion von drei Beispielen erfolgreicher Vernetzung einen fundierten Einblick in Prozesse der kooperativen Umsetzung von sprachlichen Bildungsangeboten. Auf Basis der hierbei herausgearbeiteten zentralen Gelingensbedingungen für nachhaltige Kooperationen sowie eines Fragebogens berieten die Teilnehmenden anschließend in Kleingruppen darüber, wie die eigene Vernetzungsarbeit weiterentwickelt werden kann. Abschließend wurden im Plenum die wichtigsten Überlegungen zusammengetragen.

Vorträge und Diskussionen zu Vernetzungsbeispielen

Vernetzungsbeispiel 1: Die Kölner Sommerferienschule

Im Eröffnungsvortrag stellte Prof.'in Dr. Gabriele Kniffka von der Pädagogischen Hochschule Freiburg die Kölner Sommerferienschule vor, die es seit 2004 gibt. Sie betonte, dass die Umsetzung dieses komplexen Bildungsangebotes ein fein abgestimmtes Zusammenarbeiten zahlreicher Institutionen erfordert, um alle notwendigen Aspekte zu berücksichtigen, die von formellen Rahmenbedingungen über die Finanzierung bis zu der konkreten didaktischen Ausgestaltung reichen. Die Kommunikationsstrukturen, die über Jahre gewachsen sind, ermöglichen hierbei, dass die Ferienschule flexibel auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren kann, wie etwa nach 2015 auf den erhöhten Bedarf an Sprachlernangeboten für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche oder 2021 auf die Corona-Pandemie mit der ersten vollständig digitalen Umsetzung.

Als zentrale Gelingensbedingungen nannte Prof.'in Dr. Gabriele Kniffka die Formulierung von gemeinsamen Zielen und Grundauffassungen, die Wertschätzung der Kooperationspartnerinnen und -partner als Expertinnen und Experten für ihren jeweiligen Bereich, die klare Verteilung der Verantwortlichkeiten und Schaffung von Verbindlichkeit sowie die Einbeziehung aller Beteiligten in Planung und Umsetzung von Anfang an.

Vernetzungsbeispiel 2: Der Verbund Kölner europäischer Grundschulen

Karin Leusner, Sprecherin des Verbundes Kölner Europäischer Grundschulen, stellte im zweiten Vortrag den Verbund von derzeit 16 Schulen vor, die eine hohe Wertschätzung der sprachlichen Vielfalt der Schülerinnen und Schüler als auch des Lehrpersonals verbindet. Die Gründung des Verbunds fand auf Initiative des Integrationsrats der Stadt Köln statt und wurde 2009 vom Rat der Stadt Köln beschlossen. Seit der Gründungszeit begleitet und unterstützt das ZMI – Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration den Verbund als fester Kooperationspartner zum Beispiel durch regelmäßige Fortbildungen, Netzwerk- und Fachveranstaltungen oder gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit. Zusammen mit weiteren, variierenden Kooperationspartnern werden regelmäßig innovative Projekte zur Einbeziehung der Mehrsprachigkeit in Schule und Unterricht konzipiert und durchgeführt.

Gelingensbedingungen für das langjährige und erfolgreiche Bestehen des Netzwerks sind laut Karin Leusner, dass eine gemeinsame Leitidee entwickelt wird, es einen regelmäßigen, offenen Austausch mit gegenseitiger Beratung gibt sowie eine interne und externe Sichtbarkeit, etwa durch öffentliche Veranstaltungen zu den kooperativ durchgeführten Bildungsaktivitäten.

Vernetzungsbeispiel 3: Eckpunkte zur Integration von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen in Kölner Schulen

Rosella Benati von der Arbeitsstelle Migration der Bezirksregierung Köln sowie der Geschäftsführung des ZMI – Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration präsentierte zunächst die ZMI-Publikation Eckpunkte zur Integration von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen in Kölner Schulen. Auf Anregung des Integrationsrats der Stadt Köln erarbeitete das ZMI – gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Institutionen (siehe Eckpunktepapier S. 22) – neun Handlungsfelder, die für die Integration von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen in Kölner Schulen zentral sind. Die anschließende Umsetzung der Handlungsschritte, die im Eckpunktepapier empfohlen werden, wurde ab 2018 von einer Steuergruppe koordiniert, an der Vertreterinnen und Vertreter aus dem ZMI, dem Kommunalen Integrationszentrum (KI) Köln, dem Regionalen Bildungsbüro (RBB) Köln sowie dem Schulamt der Stadt Köln teilnahmen. Sachberichte über den Stand der Umsetzung wurden jährlich im Integrationsrat und im Ausschuss Schule und Weiterbildung der Stadt Köln vorgelegt.

Als Gelingensbedingungen für die erfolgreiche kooperative Organisation von Bildungsangeboten anhand des ZMI-Eckpunktepapiers nannte Rosella Benati eine hohe Motivation, eine wertschätzende und offene Kommunikationskultur sowie klare Strukturen mit transparenten Verantwortlichkeiten.

Aspekte für eine gelingende Kommunikation und Zusammenarbeit

Als ein zentraler Aspekt für gelingende Kooperationen wurde von den Vortragenden eine wertschätzende Kommunikation aller Beteiligten herausgestellt, in die alle möglichst von Anfang an einbezogen werden sollten. Diese erfordert Perspektivübernahme, ein aktives Zuhören sowie eine Haltung, die sowohl die Wichtigkeit als auch Begrenzungen aller Standpunkte und Expertisen (inklusive der eigenen) ausgewogen reflektiert.Dabei betonten die Referentinnen auch, dass es notwendig ist, etwaige unterschiedliche Sprachgewohnheiten innerhalb der kooperierenden Institutionen und Professionen kennenzulernen, um hierauf aufbauend einen gemeinsamen Sprachgebrauch zu entwickeln. Zudem diskutierten die Expertinnen über Potenziale der Digitalisierung für Kommunikation und Informationsaustausch innerhalb von Kooperationen.

Basierend auf ihren Erfahrungen betonten die Vortragenden, dass Kooperationen zu Beginn oft langsam wachsen, dann aber zunehmend an Systematik, Struktur und Komplexität gewinnen. Dabei müssen diese aber mit Blick auf unvorhergesehene gesellschaftliche Entwicklungen flexibel bleiben. Insgesamt ist es ratsam, innerhalb der Struktur von Vernetzungen bürokratische Hürden möglichst abzubauen, um auf verschiedene Herausforderungen und Situationen zeitnah reagieren zu können.

Autor:

Petr Frantik ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mercator-Institut und koordiniert hier seit Ende 2021 das Partnerschulprojekt. Seit 2018 ist er Mitglied der Geschäftsführung des Zentrums für Mehrsprachigkeit und Integration Köln (ZMI).