
Netzwerke zur Innovation von Sprachbildung: Unter welchen Bedingungen sind länderübergreifende Projekte erfolgreich? Bericht und Materialien zum Fachgespräch
Was sind die Herausforderungen verschiedener Akteurinnen und Akteure bei der Implementation innovativer sprachlicher Konzepte? Wie sollten Strukturen und Abläufe der Bildungsadministration gestaltet sein, damit Transfer und Implementation gelingen? Und wie können schulinterne Strukturen sinnvoll gestaltet werden, um innovative Konzepte zu etablieren? Diese Fragen standen im Fokus eines Fachgesprächs auf der neunten Jahrestagung des Mercator-Instituts im Juni 2022.
Um die sprachliche Bildung von Kindern und Jugendlichen bestmöglich zu unterstützen, entwickeln Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit einigen Jahren entsprechende Förderkonzepte. Im Fachgespräch Netzwerke zur Innovation von Sprachbildung: Unter welchen Bedingungen sind länderübergreifende Projekte erfolgreich? beschäftigten sich Expertinnen und Experten damit, wie diese Programme zur Förderung sprachlicher Bildung in die schulische Praxis transferiert und implementiert werden können.
Im Rahmen des Fachgesprächs brachten Dr. Helge Kahler vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Sabine Stahl von der Landesstelle Schulische Integration (NRW), Prof. Dr. Hans-Joachim Roth vom Mercator-Institut, Jutta Weiß vom Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) sowie Oksana Zahzou vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg (ZSL) ihre jeweils spezifischen Blickwinkel ein. Die fünf Expertinnen und Experten aus der Bildungsadministration, Wissenschaft und Praxis erläuterten unter anderem, wie sie ein neues Konzept einführen, welche Erfahrungen sie dabei gemacht haben und wie sich Strukturen gestalten lassen, die eine gelingende Implementation unterstützen können.
Vier Gelingensbedingungen für erfolgreichen Transfer
Im Laufe des Fachgesprächs kristallisierten sich vier Bereiche heraus, die zum Gelingen des erfolgreichen Transfers eines Programms zu sprachlicher Bildung entscheidend beitragen können:
Kooperation
Alle Akteurinnen und Akteure müssen in den Prozess eingebunden sein und eine möglichst klare Vorstellung des gemeinsamen Ziels entwickeln. Dazu gehört auch, die jeweiligen Verantwortungen zu klären und die Struktur des bestehenden oder zu schaffenden Netzwerks deutlich zu definieren. Als wichtiger Faktor von Kooperation zählt ebenfalls die Vernetzung von Wissenschaft und Praxis.
Motivation
Das Auf- und Umsetzen sowie die nachhaltige Verankerung im Schulalltag brauchen Zeit. Hier können die intrinsische Motivation der initiierenden und umsetzenden Akteurinnen und Akteure, aber auch extrinsische Anreize, wie Unterstützungsangebote, die Reduzierung des Arbeitsaufwands oder auch gut strukturiertes, ansprechendes Material zielführend sein.
Konzept
Das Konzept sollte evidenzbasiert, fachlich erprobt und nachhaltig einsetzbar sein sowie passgenaue und konkrete Lerninhalte aufweisen. Fachlich erprobte Konzepte sind die entscheidende Brücke aus der Bildungsadministration in die Schule. Auch sollte klar dargestellt werden, dass das zu implementierende Konzept an andere Programme innerhalb des Landes anknüpfen kann.
Schule im System
Relevante Punkte sind hier insbesondere, dass die Konzepte in das Schulcurriculum eingebunden und bildungsadministrative Strukturen, die im jeweiligen Land gelten, stringent verankert werden.
Insgesamt zeigte sich während des Fachgesprächs, dass es beim Transfer häufig zur Verwässerung von innovativen Konzepten in der sozialisierenden Einpassung in den schulischen Alltag kommt. Diese „Filterkette“ gilt es zu moderieren, um Wissenschaft und Praxis im Dialog zu halten: Aus wissenschaftlicher Sicht sollten daher die relevanten Aspekte der Maßnahme dargelegt werden, die Praxis sollte mögliche Stolpersteine in der Umsetzung des Konzepts zurückmelden.
Der Transfer und die Implementation von Programmen sprachlicher Bildung ins Schulsystem benötigen laut den Expertinnen und Experten des Fachgesprächs auch auf personeller und struktureller Ebene Zeit. Dabei sind institutionelle Restriktionen im Umgang mit Zeit meist schwieriger als die Beschaffung finanzieller Ressourcen.
Wissenschaft, Bildungsadministration und Praxis sollten sich die Zeit nehmen, auf der Basis eines gemeinsamen Qualitätsverständnisses kooperativ Programme zu implementieren.
Autorinnen:
Dr. Kathrin Hippmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Sprache und Bildungssystem am Mercator-Institut und koordiniert das Forschungsnetzwerk BiSS-Transfer.
Dr. Simone Jambor-Fahlen ist am Mercator-Institut für die Koordination der Projekte Die Textprofis und das Projekt Starke Basis zuständig. Sie leitet zudem das Teilprojekt Unterrichtsentwicklung Deutsch des vom BMBF geförderten Projekts Schule Macht Stark – SchuMaS.