
Aufgabenstellungen verständlich formulieren: Maßnahmen zur Verbesserung des Unterrichts als Element der sprachsensiblen Schulentwicklung
Um den schulischen Erfolg aller Schülerinnen und Schüler in heterogenen Klassen zu gewährleisten, müssen neue Sprachförderkonzepte nicht nur auf der Ebene des Unterrichts von einzelnen Lehrkräften umgesetzt, sondern darüber hinaus zu festen Bestandteilen der gesamten Schulentwicklung gemacht werden.
Sprachbewusster Unterricht hat viele Facetten: Arbeit an (Fach-)Wortschatz und sprachlichen Strukturen gehört ebenso dazu wie die Förderung von rezeptiven und produktiven Kompetenzen mündlicher und schriftlicher Art. Von großer Bedeutung ist auch die sprachliche Gestaltung von Aufgabenformulierungen. Wenn diese nicht verständlich sind oder nicht auf den Erwartungshorizont der Lehrkräfte hinführen, wenn Schülerinnen und Schüler also nicht eindeutig verstehen, was in einer Aufgabe von ihnen verlangt ist, leiden Lernerfolg, Noten und Motivation der Schülerinnen und Schüler.
Im Rahmen des hessischen VOLI-Modellversuchs (Vocational Literacy. Methodische und sprachliche Kompetenzen in der beruflichen Bildung) hat Prof. Christian Efing reale Prüfungsaufgaben untersucht und deren Verständlichkeit nach den Kriterien Layout, Formen der Adressierung der Schülerinnen und Schüler und sprachliche Aspekte (Eindeutigkeit, Komplexität, Wortschatz, Satzbau) analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass vor allem die folgenden sprachlichen Phänomene den Schülerinnen und Schülern Schwierigkeiten bereiten: unpersönliche Ansprache, Wechsel vom Aktiv zum Passiv, unnötig komplizierte Lexik, unpräzise Formulierungen und Operatoren, mangelnde Explizitheit, Nominalstil mit Genitivketten, unübersichtliche Mehrfachkomposita sowie voran- oder nachgestellte Mehrfachattribute.
Zwar ist die Verständlichkeit von Aufgabenstellungen abhängig von den sprachlichen und fachlichen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler, der Textqualität und -quantität, der Motivation und dem Kontext. Trotzdem kann man generell sagen, dass Schülerinnen und Schüler Aufgaben besser verstehen, wenn keine unnötig komplizierten standard-, bildungs- und fremdsprachlichen Wörter und verwirrende Synonyme verwendet, die Syntax vereinfacht und die Strukturierung und Explizierung logischer (temporaler, kausaler etc.) Bezüge verbessert werden. Wichtig ist aber, dass auch bei sprachlich vereinfachten Aufgabenformulierungen der inhaltliche Anspruch und die angemessene Fachsprachlichkeit sichergestellt sind und notwendige fachsprachliche Lexeme nicht ausgetauscht werden.
Haben Lehrkräfte sprachförderliche Konzepte, wie z.B. die verständliche Formulierung von Aufgabenstellungen, in ihrem Unterricht erfolgreich erprobt, stellt sich die Frage, wie solche Maßnahmen schulweit implementiert und damit Teil der Schulentwicklung werden können. In dem Fall müssen sich engagierte Lehrkräfte finden, die zum Zweck der Organisation von Entwicklungsprojekten eine Steuergruppe einrichten. Diese Steuergruppe arbeitet im Auftrag des Kollegiums und soll es von Sinn und Nutzen der anstehenden Veränderungen zu überzeugen, muss aber gegebenenfalls auch Widerstände bearbeiten. Schulentwicklungsmaßnahmen sind in der Regel komplexe Aushandlungsprozesse, weil zu der Arbeit auf der Inhaltsebene immer auch zu bewältigende Aufgaben auf der Systemebene, also im sozialen Umfeld (innerhalb des Teams und in der Kommunikation mit der Schulleitung und dem Kollegium) kommen.
Schulentwicklungsprozesse beginnen mit einer Bestandsaufnahme (Feststellung des Ist-Zustands) als Voraussetzung für die Bedarfsanalyse. Sind auf dieser Grundlage Ziele definiert, werden im Rahmen der Projektplanung Maßnahmen für deren Erreichung festgelegt und in der Durchführungsphase angestrebt. Zeigt die Evaluation der Erprobung von Sprachfördermaßnahmen in Pilotgruppen positive Ergebnisse, steht die Implementation in der gesamten Schule an. Diese ist besonders erfolgreich, wenn Lehrkräfte schulintern kooperieren (z.B. in professionellen Lerngemeinschaften) oder sich in schulübergreifender Netzwerkarbeit engagieren.
Mit dem Planungsinstrument aus dem Projekt Sprachsensible Schulentwicklung stellt die LaKI (Landeskoordinierungsstelle der Kommunalen Integrationszentren NRW) ein praktisches Werkzeug zur Verfügung, um Lehrkräfte in Arbeitsgruppen bei Entwicklungsprozessen für sprachliche Bildung zu unterstützen. Mit Hilfe von Bild-Text-Karten kann zunächst eine Ist-Stand-Erhebung durchgeführt und anschließend ein Maßnahmenplan für eine sprachsensible Unterrichts- und Schulentwicklung visualisiert werden.