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17. Oktober 2022Pressemitteilungen

„Das Bildungssystem benötigt eine Gesamtstrategie, mit der sich der Anteil der sehr schwachen Schülerinnen und Schüler merklich verringern lässt“

Zur Veröffentlichung der Länderergebnisse des IQB-Bildungstrends 2021 für den Primarbereich erklärt Prof. Dr. Michael Becker-Mrotzek, Direktor des Mercator-Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache:

„Die Länderergebnisse des IQB-Bildungstrends bestätigen die erschreckenden Befunde aus dem Sommer: Die Kompetenzen der Viertklässlerinnen und Viertklässler im Fach Deutsch haben sich deutlich verschlechtert. Insgesamt verfehlen 18 bis 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler die Mindeststandards im Bereich Lesen, Zuhören und Orthografie. In einzelnen Ländern sind die Zahlen leider noch deutlich höher. Der Kompetenzrückgang im Lesen entspricht etwa einem Drittel Schuljahr, in der Orthografie einem Viertel Schuljahr und im Zuhören sogar einem halben Schuljahr. Der starke Kompetenzrückgang beim Zuhören lässt sich auch mit den pandemiebedingten Einschränkungen erklären: Mit den Schulschließungen und dem Unterricht über den Bildschirm hat die direkte Kommunikation abgenommen, in der Kinder lernen, zuzuhören. Das sind alarmierende Ergebnisse, denn wie sollen Kinder, die nicht gut lesen, schreiben und zuhören können, die weitere Schullaufbahn meistern? Hier müssen wir gegensteuern.

Besorgniserregend ist auch, dass der Lernerfolg – trotz aller Bemühungen der vergangenen Jahre – immer noch zu eng mit der sozialen Herkunft verbunden ist. Der IQB-Bildungstrend 2021 zeigt, dass Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderungsgeschichte, aus sozial benachteiligten Familien und Elternhäusern ohne größeren Bücherbesitz, insgesamt niedrigere Kompetenzwerte erreichen als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler. Zudem gehen die Kompetenzen dieser Kinder stärker zurück als die der übrigen. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass die Schere immer weiter auseinandergeht und Kinder, die ungünstige Lernbedingungen haben, zurückgelassen werden. Damit die schwächsten Lernerinnen und Lerner nicht noch weiter abgehängt werden, brauchen wir eine Trendumkehr bei der Leistungsentwicklung in den Fächern Deutsch und Mathematik.

Für das fachliche Lernen und den schulischen Erfolg – auch das verdeutlichen die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends – ist die sprachliche Bildung entscheidend. Denn nur wer Lesen, Schreiben und Zuhören kann, ist in der Lage, Inhalte zu verstehen und zu lernen. Mit Einzelprojekten und Adhoc-Maßnahmen alleine kommen wir nicht weiter. Das Bildungssystem benötigt eine Gesamtstrategie, mit der sich der Anteil der sehr schwachen Schülerinnen und Schüler merklich verringern lässt und sich die Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen verbessern. Daran müssen Bund und Länder nun gemeinsam arbeiten. Hier können bereits existierende Initiativen, wie etwa der Transfer von Sprachbildung, Lese- und Schreibförderung (BiSS-Transfer) und Schule macht stark (SchuMaS), hilfreich sein, aber es lassen sich auch zukünftige Vorhaben, wie das Startchancen-Programm, einbeziehen. Zentrale Aufgabe der nächsten Zeit wird daher sein, zu schauen, wie diese Programme sinnvoll aufeinander bezogen werden können.“

Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an:

Frauke König, Kommunikation
Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
Tel. 0221 – 470 4758
frauke.koenig@mercator.uni-koeln.de

Über das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache

Das Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache ist ein durch die Stiftung Mercator initiiertes und gefördertes Institut der Universität zu Köln. Es will sprachliche Bildung verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, erforscht und entwickelt es innovative Konzepte, Maßnahmen und Instrumente für sprachliche Bildung. Es bildet regional Lehramtsstudierende aus sowie bundesweit Pädagoginnen und Pädagogen in Kitas, Schulen und der Erwachsenenbildung fort und bereitet wissenschaftliche Erkenntnisse gezielt für Entscheidungsträger in Bildungspolitik und -verwaltung sowie Bildungspraxis auf. Mit seiner Forschung und seinen wissenschaftlichen Serviceleistungen zu sprachlicher Bildung in einer mehrsprachigen Gesellschaft trägt das Mercator-Institut zu mehr Chancengleichheit im Bildungssystem bei.

Weitere Informationen unter www.mercator-institut-sprachfoerderung.de

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Zum Bericht der Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2021

https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2021/Bericht/


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